Abenteuerliches Neuseeland


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Der Regen prasselt aufs Blechdach der Hopes Arm Hut. Getrocknetes Schwemmholz knistert im kleinen, gusseisernen Ofen. Aus der Alupfanne steigt der erste Dampf. Bald wird das Wasser kochen für zweimal heisse Schokolade und zweimal Cappuccino aus dem Beutel.

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Auf dem Metalltisch liegt das Familientagebuch mit einer Skizze der Sonne und der Erdumlaufbahn und dem gut gemeinten Versuch, den Kindern zu erklären, wieso es in Neuseeland nun im Januar Sommer ist. Eine Erklärung, die uns Eltern an diesen Tagen im Fiordland nicht so recht gelingen will. Denn dieser einzigartige, raue Landstrich im äussersten Südwesten der Südinsel ist bekannt für sein garstiges Wetter, er gehört zu den regenreichsten Gebieten der Erde. Die Shirts aus Merinowolle und Fleecejacken gehören zur Grundausstattung. Doch das Wetter drückt nicht auf unsere Stimmung. Unter die Tagebuchskizze mit der Erdumlaufbahn schreibe ich: «Um die halbe Welt reisen, endlos Auto fahren, Stunden durch den Wald laufen, auf rutschigen Wurzeln über Schlammpfützen balancieren, eine schäbige Hütte finden, einen Regentag aussitzen. Wir vier ganz alleine in der Wildnis – das sind Ferien!» Und von den Einheimischen haben wir bereits gelernt, dass sich drei oder gar vier Jahreszeiten an einem Tag abwechseln können: So erwarten wir den baldigen Frühling im Sommer.

Sieben Wochen haben wir uns Zeit genommen, um die Süd- und die Nordinsel Neuseelands zu erkunden. Die Reise startete in Christchurch, der ehemals schönen und freundlichen Stadt, deren Zentrum 2011 von einem gewaltigen Erdbeben zerstört wurde. Auch Jahre später stehen in der City noch Stadtquartiere abgeschottet hinter Absperrungen. Gespenstisch ist die Stimmung. Die Häuser wurden fluchtartig verlassen, hinter den staubigen Schaufenstern sieht man noch Tische und Stühle, die ganze Einrichtung. Es fehlt der kleinen neuseeländischen Volkswirtschaft an Kapital für einen schnellen Abriss der statisch instabilen Häuser und für den Wiederaufbau des Stadtzentrums. Dafür spriessen zwischen den Ruinen viel Kreativität und Initiative. Ein Containerdorf mit Kaffees, hübschen Boutiquen und Strassenmusik ersetzt vorläufig die Ladenpassage. Es verströmt Hoffnung und gute Stimmung. Die neue Kathedrale wurde als Provisorium teilweise aus Karton gebaut, sie weckt die Aufmerksamkeit in der Architekturszene.

Als wir nach einigen Tagen die Stadt Richtung Süden verlassen, gibt es nur noch einen fixen Termin in unserer Reiseagenda: den Abflug von Auckland Mitte Februar.

Penguins Crossing

Unterwegs zum Fiordland, unserem ersten grossen Ziel, planen wir einen grösseren Umweg entlang der Ost- und der äussersten Südküste. Eine Entdeckung ist die Kleinstadt Oamaru. Die Gebäude aus der Kolonialzeit, gebaut aus hellem Kalkstein, und die kreative Nutzung des Hafenviertels motivieren zu einem längeren Aufenthalt. Wir flanieren durch die Lagerhallen, bewundern lokales Kunsthandwerk und testen in den Kaffees die mit Latte Art verzierten Flat Whites – so nennt man Downunder den Milchkaffee. Er mausert sich neben Bier und Wein zum dritten Nationalgetränk. Sobald sich die Dämmerung über die Stadt legt, wird Oamaru um eine Attraktion reicher. Die lustigen «Penguin Crossing» Strassenschilder sind kein Scherz, das Städtchen ist Heimat einer der grösste Kolonien von Zwergpinguinen. Man nennt die rund 40 Zentimeter kleinen Vögel aufgrund ihres blau schimmernden Federkleides auch «Blue Penguins». Wir buchen eine Pinguinshow im alten Steinbruch der Stadt und sehen, wie die Tiere in Gruppen von 20 Stück vom offenen Meer angeschwommen kommen. Unsanft spült die Brandung die drolligen Tierchen auf die Felsen. Im für die Vögel unsichtbaren roten Flutlicht watscheln sie dicht an uns vorbei. Sie haben es nicht besonders eilig und warten aufeinander, bevor sie die letzten Meter zu ihren Bruthöhlen zurücklegen, um ihre frisch geschlüpften Jungen zu füttern. Als wir nach der „Show“ zur Unterkunft fahren, geht’s nur im Schritttempo voran. Auch ausserhalb der offiziellen Kolonie überqueren viele Minipinguine die Uferpromenaden. Einige haben ihre Bruthöhlen direkt unter den Häuser angelegt, auch unter dem Musikclub namens „Penguin Club“, einer Musikbar, finden sich welche.

Wie sind diese Boulders am Strand von Moreaki entstanden? Es gibt nur Spekulationen.

Wie sind diese Boulders am Strand von Moreaki entstanden? Es gibt nur Spekulationen.

Seebären und Delfine

Nur wenige Reisende verschlägt es bis an die Südspitze Neuseelands. Die Catlins sind ein einsamer, wilder Flecken Erde geblieben. Auf den Küstenfelsen liegen Robben, sogenannte Seebären, im aufgewühlten Meer wogt dickblättriger Seetang. An Land hält der Wind die Vegetation kurz, die Bäume stehen gedrungen und dicht. In der Curio Bay, nahe des südlichsten Punktes der Insel, buchen wir einen Surfkurs für Anfänger. Die Veranstalter garantieren eine 99prozentige «Standup-Quote».

Der Wind rauscht und bläst den Schaum von den Wellen. Regentropfen prasseln aufs Wasser. Zum Glück tragen wir Neoprenanzüge, sonst wäre das alles nicht auszuhalten. Wir paddeln engagiert mit den Händen und versuchen den Schwung der Wellen aufzunehmen. Wuchtig überrollt mich eine Woge – als Zugabe gibt es noch eine Kopfnuss vom Surfbrett. Plötzlich tauchen verspielte Lehrmeister auf: eine Schar der seltenen Hectordelfine. Wie Torpedos zischen sie durch die Wellen und vollführen tollkühne Sprünge. Diese mannsgrossen Meeressäuger scheinen sich über unsere Anwesenheit zu freuen und tauchen direkt unter den Surfbrettern hindurch. Diese Lektion beflügelt. Vergessen ist Regen und Kälte, dank einem ordentlichen Schubser des Surfguides nehmen wir die Geschwindigkeit der Welle auf, knien erst und stehen schliesslich auf dem Brett! Yes! Wir fliegen auf dem Wellenkamm, das Meer gurgelt, stiebt und schäumt – der Rausch stoppt mit einem abrupten Bremser auf dem Strand.

Pottwalgarantie von Kaikoura

Pottwalgarantie von Kaikoura

Ganz im Gegensatz zu den einsamen Catlins steht das Fiordland auf fast allen Reiseplänen. Eine halbe Million Touristen besuchen diesen grössten Nationalpark Neuseelands. Meistens reisen sie dazu für einen Tag vom 180 Kilometer entfernten Queensland an und buchen eine teure Bootsrundfahrt im imposanten Milford- oder Doubtful-Sound. Vom Schiff aus sind die tiefen Fjorde mit den steilen bewaldeten Hängen und zahlreichen Wasserfällen besonders eindrücklich. Fitte Abenteuertouristen zieht es zu den beiden viertägigen Hikes, dem Milford -, und dem Kepler Track. Auch wir interessieren uns für diese Wanderungen. Doch als wir uns im Visitor Centre des Fiordlandnationalparks erkundigen, staunen wir nicht schlecht: Alle Hütten und Zeltplätze entlang der Wege sind für die nächsten Wochen ausgebucht. Dies trotz miserabler Wetterprognose! Wie uns die hilfsbereite Dame am Schalter erklärt, gehören diese Routen zu den neun vom neuseeländischen Tourismusverband besonders gepushten Great Walks des Landes.

Wir stöbern in der im Zentrum aufliegenden Literatur und stutzen unsere hochfliegenden Pläne zurecht. Am Lake Manapouri lockt eine gemütliche Dreitageswanderung. Ein kleines Schiff bringt uns zum Startpunkt der ersten Etappe mit dem Ziel Hopes Arm Hut.

Hopes Arm Hut

Und in dieser Hütte sind die Tassen mit Instant Cappuccino und Schokolade unterdessen ausgetrunken. Draussen hat der Regen aufgehört. Von den kleinen Blättern der gigantischen Neuseeland-Buchen fallen die letzen Tropfen – ist das nun der Frühling für heute? Wir streifen die Mückennetze gegen die lästigen Sandflies über den Kopf und spazieren zur Bucht des Lake Manapouri. Die Töchter bauen mit Ästen und Steinen ein Prinzessinnenschloss. Wir Erwachsenen beobachten, wie die Sonnenstrahlen Nebelschwaden von den dicht bewaldeten Berghängen lösen. Während die Kinder weiterspielen packen wir die Schlafsäcke, das Essen und den Benzinkocher in die Rucksäcke. Der gut markierte Weiterweg führt hinein in ein geheimnisvolles, von steter Feuchtigkeit geschaffenes, sattgrünes Universum. Es riecht nach Pilzen und feuchtem Holz. Flechtengirlanden hängen an knorrigen Bäumen. Und die Farne! Durch gewaltige Felder der hohen Blätter bahnen wir unseren Weg. Felsbrocken, Wurzeln, Baumstrünke – alles ist mit einer dichten Moosschicht bedeckt.

«Hier müssen sie leben», steht im Tagebuch, «die Trolle, Hobbits und andere Ringschützer, die Zwerge Mumins, Kiwis und Robins – alles gutmütige Kreaturen.» Es zirpt in hohen Tönen im Geäst. Neugierige, kleine Vögel tanzen von Zweig zu Zweig. Sonnenstrahlen scheinen durch die langen Schwanzfedern der Piwakawakas, wie die Maoris die Fantails nennen.

Kein Wunder hat der neuseeländische Regisseur Peter Jackson in dieser Fabelwelt gleich mehrere Szenen der «Herr der Ringe» Filme gedreht. Auch wir fühlen uns ein bisschen wie Hobbits auf ihrer strapaziösen Wanderschaft. Gelegentlich verwandelt sich der Weg in einen Bach, wir hüpfen von Stein zu Stein, balancieren über Baumstämme und machen es schlussendlich so wie Tochter Caroline, die einfach geradeaus durch das knöchel- bis wadentiefe Wasser watet – aus irgendeinem Grund habe wir doch Wanderschuhe mit Gore-Tex an den Füssen und trockene Socken im Rucksack oder? Kurz vor der nächsten Hütte stehen wir vor einem rauschenden Fluss. Nun helfen auch wasserdichte Schuhe nichts. Dafür hat die Parkverwaltung eine spezielle Brücke gebaut, einen Walkwire. Der Wanderdraht besteht aus drei Drahtseilen. Eines ist für die Füsse, an den anderen beiden Kabeln hält man sich fest. Eine wacklige, aber effiziente Lösung.

Der einheimische Robin kommt näher.

Der einheimische Robin kommt näher.

Zwei Tage später stopfen wir auf dem Camping von Manapouri die matschigen Kleider in die Waschmaschine. In der Gemeinschaftsküche brutzeln zarte Lammkoteletten. Bei Limonade und einheimischen Black Mac Bier planen wir den weiteren Verlauf der Reise. Kurz denken wir noch über einen Besuch im Milford Sound und über eine Kanufahrt auf dem grossen Lake Te Anau nach. Doch die Wetterprognose bleibt dem Ruf der Region treu. Der Wunsch nach Sonne, Meer und Badetemperaturen legt den Kurs in Richtung Norden zum wahrhaftigen Sommer im Abel Tasman Nationalpark fest.

Der höchste Neuseeländer: Mount Cook über dem Lake Pukaki

Der höchste Neuseeländer: Mount Cook über dem Lake Pukaki

Einige Ziele streichen wir zugunsten des speditiven Jahreszeitenwechsels. So den Besuch der Westküste mit den berühmten Gletschern, die bis tief in die Wälder vorstossen. Oder die lebendige Stadt Queensland und das beschauliche Wanaka im Innenland. Diese Orte streifen wir nur kurz. Auch den höchsten Berg des Landes, den Mount Cook betrachten wir lediglich von der Strasse aus. Nicht entgehen lassen wollen wir das Whale Whatching in Kaikoura. Die Walexkursion ist die Einnahmequelle im Ort und die Veranstalter agieren entsprechend professionell. Sie garantieren ein bis zwei Walbeobachtungen auf jeder Tour. Mit Echolot, Funk und Beobachtungsflugzeugen werden die Meeressäuger aufgespürt – sollte wider erwarten doch kein Wal auftauchen, bekommt man 80% der Kosten rückerstattet. Unterwegs vermittelt eine hochmotivierte Crew Erstaunliches über die hiesigen Pottwale. Diese fast 20 Meter langen und 50 Tonnen schwere Tiere mit ihrer eigenwilligen Kopfform tauchen bis zu 1500 Meter tief. Dort unten jagen sie Riesenkraken und behelfen sich dabei eines gewaltigen Stimmorgans zur Echoortung. Die erzeugten Töne können so laut sein, dass sie mit den Schallwellen sogar grosse Haifische betäuben.

Aus dem Tagebuch der Tochter Milena: «Plötzlich erklang es aus dem Lautsprecher: Haltet euch fest. Da vorne ist ein Wal.Wir düsten los und dann sahen wir 15 Meter vor uns einen Pottwal. Er spritzte immer wieder. Nach ein paar Minuten tauchte er wieder in die Tiefe und wir sahen seine wunderschöne Schwanzflosse.» Wieder an Land sollte man in Kaikoura unbedingt in einer der diversen Buden Fish and Chips bestellen. Man sagt, dass die Nationalspeise nirgends frischer sei als hier.

Middle Earth? Ja sicher! Unterwegs zur Hopes Arm Hut.

Middle Earth? Ja sicher!
Unterwegs zur Hopes Arm Hut.

Endlich ist der Sommer da!

Endlich ist der Sommer da! Nach einem anstrengenden und abwechslungsreichen zweitages Hike vom Innenland des Abel Tasman Nationalparks an die Küste stehen unsere Zelte am bestimmt schönsten Zeltplatz der Welt in der Apple Tree Bay. Der Ort ist nur zu Fuss, mit dem Sea Kajak oder einem Wassertaxi erreichbar und bietet abgesehen von einem Trockenklo und Trinkwasser keinerlei Infrastruktur. Unter gewaltigen Kiefern strecken wir die müden Beine aus und rühren im Topf auf dem surrenden Kocher. Bald ist die würzige Instantsuppe mit Chinanudeln fertig. Zum Hauptgang gibt es Reis mit gefriergetrockneten Erbsen sowie frische, selbstgepflückte Greenlipped Muscheln – die grossen Miesmuscheln sind eine neuseeländische Spezialität. Eine Möwe mit leuchtend rotem Schnabel schaut vorbei. In der Lagune hinter den Zelten jagt ein Silberreiher. Über einer Insel leuchtet der Vollmond. Das Meer plätschert sanft. Nur die Sandflies, diese ekligen, winzigen Fliegen stören die Romantik. Sie beissen in die nackten Füsse. Die kleinen Wunden werden später im warmen Schlafsack furchtbar jucken.

Zur Erkundung des Abel Tasman Nationalparks planten wir eigentlich eine mehrtägige Sea Kajaktour. Wir träumten von Zeltnächten in lauschigen Buchten, abenteuerlichen Fahrten zu bizarr geformten Felsformationen oder dem Wettpaddeln mit Robben und Delfinen. Doch bei den Bootsverleihern schüttelten die zuständigen Personen den Kopf. Mit dem Meer, dem Wind und der Strömung sei nicht zu spassen. An Familien mit Kindern unter 14 Jahren vermieten sie keine Kajaks. Dies schon gar nicht, wenn man eine Tour auf eigene Faust, ohne Guide, plane.

Wir stöberten lustlos in den Prospekten der Touristeninformation, interessierten uns weder für eine Kreuzfahrt noch für Strandferien im Bungalow. Bis uns eine Angestellte einen Zettel mit der Telefonnummer von Stewart Robertsons Einmann-Unternehmen «Golden Future Conservation Tours» in die Hand drückte. «Niemand weiss mehr über den Park und die Natur als dieser Mann», versprach sie.

Abel Tasman Nationalpark

Der Tipp war der Schlüssel zum Naturparadies. Der gebürtige Schotte motivierte zur Wanderung zum romantischen Zeltplatz am Meer und zeigte mit seinem kleine Boot so manch Erstaunliches. So eine nur bei Flut zugängliche, schmale, verwinkelte Bucht, deren Eingang ein stattliches Robbenmännchen bewachte. Wir hüpften vom Schiff ins glasklare Wasser, beobachteten Meeräschen und Paradieskasarkas, eine neuseeländische Entenart. Zur Mittagszeit setzte Stewart vor einem breiten Sandstrand den Anker und servierte selbst gebackenen Kuchen und Kaffee. Der Naturführer erzählte aber auch von den Schattenseiten der neuseeländischen Natur. Wie man in den Parks mit Fallen versucht, das einheimische Ökosystem von den eingeschleppten Raubtieren – den Wieseln, Katzen, Ratten, Igeln oder australische Possums zu befreien. Denn auf Neuseeland konnte sich die Tier- und Pflanzenwelt 80 Millionen Jahre lang ungestört von Säugetieren entwickeln. Dies änderte sich mit der Erstbesiedlung durch die Maoris im 13. Jahrhundert und später durch die Europäer. Für die Menschen und eingeführten Raubtiere sind die zutraulichen, oft tollpatschigen Vögel und Eidechsen eine leichte Beute. Sogar die heimischen Pflanzen haben kaum eine Chance gegenüber den eingeschleppten. Stewart zeigt auf braun verdorrte amerikanische Kiefern im Wald über dem Strand – die dominanten Bäume wurden von der Parkverwaltung vergiftet, damit sie die einheimische Vegetation nicht unterdrücken.

Schaumkronen auf dem Meer, Wellen klatschten gegen die Bordwand. Auf der Rückfahrt zum kleinen Touristenort Marahau frischte der Wind auf. Für Kapitän Stewart war das kein Problem. Aber wie wäre es uns wohl in einem zierlichen Kajak ergangen? Selbst mit zwei ausgewachsenen Ruderkräften wäre das Paddeln wohl härteste Arbeit gewesen. Wie eindrücklich der Tidenhub in dieser Gegend wirkt, wurde bei der Ankunft deutlich: Zwischen dem Steg, von dem wir am Morgen losgelegt hatten, und dem Meer lag bei Ebbe ein kilometerbreiter Strand. «Keine Sorge», lachte Stewart, «wir müssen das Schiff nicht über den Sand schieben.» Er watete ins Trockene, holte seinen Traktor und fuhr rückwärts mit dem Gefährt samt Anhänger ins schäumende Wasser, lud das Boot auf und zog es mit uns Insassen ans Festland zurück.

Nach den Abenteuern im Abel Tasman Nationalpark finden wir den Hinweis zu einem Stück Schweiz: Das Sans Souci Inn des Ehepaars Reto und Vera Balzer-

Whanganui River: Still ist es nicht.

Whanganui River: Still ist es nicht.

Fast 10‘000 Lehmziegel haben die Schweizer getrocknet und damit vor 24 Jahren ihr Gasthaus mit grasbewachsenem Dach und Komposttoiletten gebaut. Die offenen, hellen Räume, tönernen Säulen und der weisse Verputz verleihen dem Haus mediterranen Charme. Ein Ort, wo man zwischen Bananenstauden in der Hängematte zur Ruhe kommt. Speziell ist die Küche: Während die Patrons hier für die Restaurantbesucher exklusive Mahlzeiten zubereiten, dürfen Herd und Pfannen auch von den Hotelgästen mitbenutzt werden. Die Option Selberkochen kommt für uns aber nach den Tagen in der Wildnis nicht in Frage. Koch Reto serviert seine Spezialität: Anatoki Lachs. Kunstvoll mit Salatblätter und Blumen verziert, kommt der Fisch auf den Teller. Eine besondere Geschmacksnote verleiht ihm die Ingwer-Soja-Zitronen Sauce und der mit Sesamkörnern angereichterte Reis. Die Kinder freuen sich vor allem auf die Nachspeise: warme, knusprig goldgelb gebackene Pfannkuchen, gefüllt mit Eis und verziert mit Schggidressing.

Das «Sans Souci In» liegt am Rand des Abel Tasman Nationalparks in der Golden Bay Area. Gleich neben dem gemütlichen Dörfchen Takaka. Dieses umweht ein etwas alternatives Flair, zahlreiche Imbissstände bieten vegetarische Spezialitäten, eine deutsche Bäckerei verwöhnt mit knusprigem Brot. Etwa drei Autostunden entfernt ragt der Farewell Spit, eine lange schmale Halbinsel in den Pazifischen Ozean hinaus. Der Spit selber erinnert mit seiner Form an den Schnabel eines Kiwis und kann ein Stück weit erwandert werden. Begehrt ist auch eine geführte Tour mit dem Strandbus bis hinaus an die «Schnabelspitze».

Die einschlägige Reiseliteratur ist sich einig: Von den Hauptinseln soll die Südinsel die schönere, wildere und natürlichere sein. Das ist mit ein Grund wieso viele Neuseelandreisen den Süden stärker gewichten. Doch je mehr wir uns umhören, desto stärker kommen uns Zweifel. Eine kurze Recherche bestätigt, dass es auf der Nordinsel erst noch ein Kanutrekking gibt, auf der auch Familien mit Kindern zugelassen sind. Wir buchen die Fähre von Picton über die Cook Strait nach Wellington eine Woche früher als geplant.

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Wellington

Nach einem Aufenthalt in der sympathischen Hauptstadt Wellington sind wir bereit fürs nächste Abenteuer. Und so gleitet der Rumpf unserer Kanus sanft über den Whanganui River. Noch ist der Fluss spiegelglatt. Tropfen von den Paddeln hinterlassen Kringel auf der Wasseroberfläche. Nur still ist es nicht. Von den Seitenwänden der Canyons zirpen die Grillen ein lautes Konzert. Ab und zu meckern verwilderte Ziegen von einer Wiese. Das steile Ufer ist mal dicht bewaldet, mal zieren nur mehr einzelne genügsame Farne die senkrechte in den Fluss abfallenden, rotbraunen Felswände. Obwohl auch dieses Kanutrekking zu den offiziellen Great Walks zählt, ist die Situation viel entspannter als zuvor im Fiordland oder dem Abel Tasman Nationalpark. Sogar die spontane Zeltplatzreservation ist möglich. Es bewährt sich, dass wir diese Tour familientauglich, sprich weniger sportlich angehen und sie nicht in den üblichen drei, sondern in vier Etappen zurücklegen.

Der Norden

Der erste Zeltplatz befindet sich auf einer kleinen Terrasse etliche Meter über dem Fluss. Auch hier ist die Infrastruktur rudimentär. Ein Schild empfiehlt, das Wasser aus dem Regenwassertank vor dem Genuss abzukochen. Von der hohen Warte aus geniessen wir den Ausblick über das Blätterdach der Farnbäume. Vereinzelte dieser urtümlichen Pflanzen lehnen sich elegant über die Schlucht. In der Tiefe rauscht der Fluss über eine kleine Stromschnelle. Wir sind ganz alleine. Die nächsten Menschen befinden sich vielleicht drei oder vier Paddelstunden entfernt. Es gibt kein Telefon – nichts. Unsere Familie ist ganz auf sich selbst gestellt. Was für ein Gefühl! Das ist sie doch die grosse Freiheit! Da stört ein unheimliches Fauchen die schönen Gedanken. Wenige Meter entfernt klettert ein Possum einen Baumstamm hoch. Das putzige Tier schaut mit grossen Augen neugierig zu uns hinüber. Die furchterregenden Laute scheinen so gar nicht zu ihm zu passen. Doch der Eindruck täuscht. Die Possums zählen zu den grössten Feinden der einheimischen Fauna und Flora. Die fuchsgrossen Beuteltiere wurde ihres Pelzes wegen von Australien nach Neuseeland eingeführt und in Farmen gezüchtet. Doch als einige Exemplare entwischten, geschieht das Unheil. Die Tiere vermehren sich ungebremst und besiedeln die Wälder beider Inseln. In ihrer australischen Heimat ernähren sich die Possums ausschliesslich vegetarisch. In Neuseeland entdecken sie Vogeleier als Delikatesse. Die einheimischen Tiere sind ihnen schutzlos ausgeliefert. Darum gelten sie als eine der grossen Staatsfeinde und werden mit Gift und Fallen gejagt.

Bridge to nowhere

Unsere Flussreise gestaltet sich für eine als Anfängertour gepriesene Unternehmung wider Erwarten wild. Die Tagesetappen sind lang, das Paddeln auf Abschnitten ohne Strömung anstrengend. Dafür freuen wir uns, wenn sich eine der zahlreichen Stromschnellen ankündigt. Sie wird jeweils mit einem lauten Schlachtruf begrüsst, dann steuern wir das Boot – so wie bei der rudimentären Instruktion empfohlen – volle Kraft voraus dorthin, wo das Wasser V-förmig zusammenfliesst. Bei einigen Schnellen wird es richtig ruppig. Die Wellen türmen sich bis zu einem Meter hoch. Die Kinder können nicht mehr Paddeln und halten sich mit aller Kraft an der Bordwand fest, die Erwachsenen versuchen so gut es geht, ihre Kanus auf Kurs zu halten. Als wir nach solch einem wilden Ritt das Wasser aus dem Boot schöpfen, klopfen wir uns anerkennend auf die Schultern – immerhin, gekentert sind wir nicht!

Flussabwärts führt ein aus dem Fels gehauener Pfad auf ein Hochplateau. Dort versuchten einst Siedler eine Existenz aufzubauen. Die Regierung konstruierte für sie sogar eine stabile Betonbrücke über eine tiefe Schlucht, damit die Pioniere weiter in den Wald vordringen konnten. Doch viel benutzt wurde diese «Bridge to nowhere» nicht, denn bald nach dem Brückenbau zogen sich die Siedler wieder zurück. Zu einsam und abgelegen war die Gegend. Die Ironie des Schicksals: Heute ist die Brücke der meistbesuchte Ort im Park. Per Jetboat werden Touristengruppen zu dieser Attraktion gebracht. Zum Glück sind die Schnellboote uns Kanuten gegenüber sehr rücksichtsvoll und bremsen weit vorher ab, damit sie keine grossen Bugwellen erzeugen.

Als wir müde und glücklich im kleinen Ort Pipiriki auswassern und die Boote auf die Anhänger der Busse laden, die uns wieder zurück zum Ausgangspunkt bringen werden, steht fest: Dieser Trip war etwas vom abenteuerlichsten und eindrücklichsten, das wir in Neuseeland erlebt haben. Die Nordinsel überrascht von Tag zu Tag mehr. Sei es mit den Vulkanen und den eindrücklichen farbigen Thermallandschaften mit ihren Geysiren und dampfend, grünorange leuchtenden Seen oder dem Bad in einem wahnsinnig heissen Fluss irgendwo in der Wildnis. In einem Camping bereiten wir gar das Essen in einem geothermischen Hangi-Ofen zu. Und dann die Mountainbiketrails von Rotorua – sie gehören zum Schönsten was uns je unter die Veloreifen geriet. Unsere Vermutung wird bestätigt: Die Nordinsel ist der Südinsel ebenbürtig. Auch wenn auf ihr mehr Menschen wohnen und ein dichteres Strassennetz die Insel überzieht, so ist sie unvergleichlich abwechslungsreich. Ausserdem ist der tägliche Jahreszeitenwechsel nicht spürbar. Januar und Februar stehen auf der Nordinsel ganz im Zeichen des Sommers.

Der schönste Zeltplatz: Die Apple Tree Bay im Abel Tasman Nationalpark

Der schönste Zeltplatz: Die Apple Tree Bay im Abel Tasman Nationalpark

Steckbrief: Neuseeland

Fläche: 269’652 km2 / 4.5 Mio Einwohner

Amtssprache: Englisch, Maori und neuseeländische Gebärdensprache

Währung: Neuseeland Dollar (NZD): 1 Euro= 1.42 NZD bzw. 1 NZD = 0.70 Euro

Empfohlene Reisezeit: Dezember bis März (Weihnachten bis Ende Januar sind in Neuseeland Sommerferien).

Zeitverschiebung: UTC +12 Stunden

Reiseroute: Wegen der grossen Entfernung, der entsprechend langen Flugreise und der Zeitverschiebung ist Neuseeland keine Destination für Kurzurlauber. Selbst unsere 7 Wochen reichten kaum. Die grosse Attraktion der Inseln ist die Natur und um diese wirklich zu erleben, braucht es Zeit. Besonders begeistert waren wir von der ausgesprochenen (Gast-)Freundlichkeit der Neuseeländer.

Fahrzeugwahl: Sehr beliebt sind Campervans und Mobile Homes. Ihre Miete sowie die Stellplätze auf den Campings sind aber teuer. Wir bevorzugten die Flexibilität eines etwas grösseren PWs. Es gilt Linksverkehr und Autobahnen gibt es fast keine. Höchstgeschwindigkeit ist 100 km/h und die Reisezeiten zwischen den einzelnen Orten sind entsprechend länger als erwartet.

Unterkunft: Die unterschiedliche Auswahl an Unterkünften bereicherte unser Reiseerlebnis sehr. Übernachtungsmöglichkeiten gibt es in allen Preisklassen. Backpackers, Jugendherbergen, Motels und Hotels gibt es fast überall. Viele Zeltplätze vermieten kleine Hütten oder festinstallierte Caravans. Alle Campings haben eine grosse Gemeinschaftsküche mit Geschirr, Pfannen und einem Wasserkocher für den Frühstückstee. Das spontane Suchen nach einer Unterkunft für die Nacht funktionierte auch in der Hauptsaison meist auf Anhieb. Für die Hüttenübernachtung im Nationalpark meldet man sich beim DOC (Department of Conservation). Die Einrichtung ist rudimentär, Schlafsack und Kocher bringt man selber mit. Einige der Hütten sind schäbig andere ordentlich. Nur auf den Great Walks ist eine Hüttenreservation möglich und notwendig, bei den anderen gilt «First come first served».


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